Sonntag, 5. August 2012

Die kleine Kerze

Gedanken über eine Kerze

Vor mir steht eine Kerze. Sie ist eine Durchschnittskerze aus einem Drogeriemarkt. Ungefähr so hoch, wie meine Handbreit ist und weiß. Sie leuchtet mit steter, wärmender, gelboranger Flamme. Das Wachs um den Docht ist mindestens einen Zentimeter tief schon flüssig. Die Kerze muss schon länger an sein.
Sie steht in einem kleinen Tonschälchen mit Sand. Ob sie sich wohl einsam vorkommt? Sie hat den Zuckerstreuer direkt neben sich, ob sich der Zuckerstreuer und die Kerze wohl gut verstehen? Oder beneidet sie die blaue Kerze am Nachbartisch für ihr wunderschönes tiefe Blau, oder lacht sie über die Kerze schräg gegenüber, weil sie nur halb so hoch ist, wie sie selbst und viel eher ausgehen und verlöschen wird?
Beschwert sich vielleicht hin und wieder der Tisch auf dem sie steht, sie wäre zu heiß und würde ihn verbrennen? Denn er ist ja nur aus Holz.
Ist die Kerze weiblich?
Ob sich die Kerze über den Besuch an ihrem Tisch freut? Über die Essensteller und Kaffeetassen, oder fühlt sie sich in ihrem Revier bedroht wie ein Hund?
Wer weiß das schon, ich verstehe kein Kerzisch und es zu lernen wird für mich als Mensch wahrscheinlich auch schwer werden, aber immerhin habe ich der Kerze ein paar Gedanken gewidmet.

Sonntag, 29. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - Die Kluge und der Griesgram

Die Kluge und der Griesgram

Es war einmal ein kleines, kluges Mädchen. Sie war die jüngste von drei Schwestern. Die Älteste war reich, die Mittlere schön und sie klug. Schon mit jungen Jahren wurde sie von allen Leuten im Dorf um Hilfe gebeten und gab ihnen gute Ratschläge. Sie hörte sich die Sorgen an und versuchte die beste Lösung zu finden. Die beiden älteren Schwestern neideten ihrer Schwester die Beliebtheit, so jagten sie sie eines Nachts fort aus dem Dorf in den dunklen, großen Wald hinein.
Sie irrte einige Tage durch den Wald, bis zu auf einen alten Mann traf, der einen verwundeten Hund in den Armen hielt. Sie half dem Mann den Hund zu verarzten und als Dank nahm der Mann sie bei sich auf. Sie lebte von nun an im Wald und lernte von dem Mann alles über Pflanzen und Kräuter und wie sie heilen können.
Als sie eine junge Frau geworden war, verstarb der alte Mann und hinterließ ihr sein Haus und alles was dazu gehörte, unter einer Bedingung. Sie sollte einen Brief an seinen Sohn bringen. So machte sich die junge Frau auf die Suche nach dem Sohn. Nach zwei langen Jahren fand sie ihn in einem fernen Königreich als König auf dem Thron. Der alte Mann war der alte König gewesen und hatte sich in den Wald zurückgezogen, als sein Sohn alt genug war. Der Sohn war ein griesgrämiger Mensch. Er schien an allem und jedem etwas auszusetzen zu haben, als wenn eine schwere Last auf seinen Schultern läge. Obwohl er nie wirklich lachte und froh war, war er trotzdem niemals ungerecht.
Der Brief war das Testament des alten Mannes. Er vermachte darin der Frau seine Resthälfte des Königreichs, also alles bis auf die Thronstadt und die Schlösser. Der König war entsetzt, ob des Testaments, musste sich aber fügen und sein Gesicht wurde noch eine Spur grummeliger. Die junge Frau wollte das Erbe aber gar nicht, mit der Hütte im Wald war sie vollkommen zufrieden, was sollte sie mit einem Königreich? Aber auch an diesen Fall hatte der alte Mann gedacht und dafür eine Klausel in den Vertag geschrieben. Sie konnte das Erbe nur ablehnen, wenn sie fünf Jahre lang an der Seite seines Sohnes im Schloss wohnen würde und der Sohn sie wie eine edle Hofdame behandelte. Schweren Herzens fügten sie sich dieser Bestimmung. Die junge Frau lebte fünf Jahre im Schloss und das Volk und der König lernten ihre Klugheit und ihren weisen Rat zu schätzen. Nach den fünf Jahren ging sie allerdings zurück in ihren Wald. Sie hatte das Leben dort sehr vermisst.
Nun, als sie fort war, merkte der König, wie wichtig die Frau in seinem Leben geworden war und macht sich auf die Suche nach ihr, um sie zu heiraten. Die Suche war beschwerlich, weil er keine Ahnung hatte in welchem Wald sein alter Vater gelebt hatte und als er sie endlich fand, war er überglücklich. Sie war auch froh ihn wieder zu sehen, aber wollte ihn nicht sofort heiraten. Sie würde ihn heiraten, wenn er es schaffte ein Jahr lang mit ihr im Wald zu leben, ohne Kontakt zur Außenwelt.
Der König hatte noch nie wirklich außerhalb des Schlosses gelebt, aber da er sie so sehr liebte und sich ein Schloss ohne sie nicht mehr vorstellen konnte, willigte er ein.
Das Jahr war sehr anstregend für den König. Er hatte Schwierigkeiten mit der Ruhe und Muße umzugehen, die im Wald herrschte und der schweren Arbeit, die nötig war um zu überleben. Aber er schaffte es und fand im Wald seinen Frieden, seine Bitterkeit wich und ließ Güte zurück.
So kehrten die beiden nach einem Jahr als König und Königin zurück. Sie herrschten ihr Reich weise und gerecht und führten ihr Volk in eine glückliche Zukunft. Und hin und wieder kam es vor, dass das Königspaar als arme Bauern gekleidet aus dem Schloss verschwanden und für einige Zeit im Wald lebten.

Samstag, 28. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - Prinz Dreck

Prinz Dreck

Es war einmal ein Prinz, der hieß mit Namen Wunderschön, aber er wurde von allen nur Prinz Dreck genannt.
Immer, wenn man den Prinzen sah, war er von oben bis unten mit Dreck zugeschmiert, so dass man seine Haut nicht mehr sehen konnte und dass seine Haare matschfarben waren.
Die Mutter des Prinzen weinte immerzu nur um ihn, denn so könne er niemals König werden. Sie hatte vom weinen ganz rote Augen und wurde so von allen Königin Rotauge genannt. Ihr einziger Wunsch war, dass der Prinz eine gute Frau bekommen würde, aber alle Prinzessinnen wollten nur einen wunderschönen Prinzen mit blondgelockten Haaren haben. Das war gerade Mode.
Eines Tages, als der Prinz gerade draußen mit den Schweinen spielte, kam ein Mädchen summend des Weges. Es war vor kurzen mit ihrer Familie in dieses Königreich gezogen und wußte nicht, dass er Prinz Dreck war. Sie grüßte ihn höfflich und eilte mit ihren Wasserkrügen weiter. Der Prinz verliebte sich auf der Stelle in das Mädchen und eilte ihr hinter her. "Darf ich deine Wasserkrüge nehmen?", fragte er sie. Sie sah ihn erstaunt an, ließ es aber geschehen. "Wie werdet ihr genannt?", fragte er weiterhin. "Isabella", antworte sie und er entgegnete: "Ein Name für eine Königin", was sie lächeln ließ. Er begleitete sie zur ihrem Heim und am nächsten Tag besuchte er sie wieder. Viele Tage später, nahm er sich ein Herz und fragte sie, ob sie ihn heiraten wolle.
Sie stand lange Zeit vor ihm und musterte ihn und schließlich sagte sie: "So dreckig dein Äußeres doch ist, so rein ist doch dein Inneres. Ich werde gerne deine Frau".
Der Prinz nahm sie mit ins Schloss und das Mädchen staunte sehr. Die Königin lächelte das erste Mal seit Jahren wieder, ob der wunderbaren Frau, die ihr Sohn mitbrachte.
Eine Woche später fand die Hochzeit statt. Zu ehren des Festes nahm Prinz Dreck ein Bad und am Altar heiratet Isabella einen wunderschönen blonden Prinzen, den alle Dreck nannten.

Donnerstag, 26. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - Der Lügner und der Fantasievolle

Der Lügner und der Fantasievolle

Vor langer Zeit lebte ein Junge, der immer die Unwahrheit sagte. Auf jede Frage, die man ihm stellte antwortete er mit einer Lüge. "Die Nachbarkinder haben den Garten verwüstet" Seine Lügen wurden mit jedem Mal immer fantastischer. Erst hatte der Hund die Hausaufgaben gestohlen, dann das Pferd und zum Schluß waren es die unterirdischen Kobolde.
Als er in ein Alter kam, wo er Berufstätig werden sollte, schickte sein Vater ihn zum Tischler. Doch dieser schickte ihn nach drei Wochen wieder weg. So erging es dem Lügner auch beim Bäcker, beim Schneider, im Büro des Anwalts und beim Friseur. Niemand wollte ihn haben. Alle sagten, er arbeite ganz gut, wenn er mit dem lügen aufhören würde.
Eines Tages, er arbeitete inzwischen in einem Kiosk, erzählte er gerade einem Mädchen ganz ausführlich, warum ihr Lieblingsheft nicht da war, als dieses Mädchen ihn mit großen runden Augen ansah und anfing zu lachen. "Du bist aber witzig", sagte das Mädchen, "das glaubt dir doch keiner, aber die Geschichte von dem nervösen Drachen war super. Kennst du noch eine?" Der Lügner war erstaunt, aber dann erzählte er dem Mädchen noch eine Geschichte. Das Mädchen kam nun jeden Tag wieder und ließ sich eine Geschichte erzählen. Und bald kam nicht nur das Mädchen sondern immer mehr Kinder. Die Eltern hörten von ihm und engagierten ihn für Kindergeburtstage zum Geschichten erzählen. Er wurde ein sehr beliebter Babysitter und als er genug Geld zusammen hatte, machte er sich selbstständig als Geschichtenerzähler. So wurde aus dem Lügner der Fantasievolle.

Samstag, 21. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - "Hex"

"Hex"

Begeben wir uns heute in einen kleinen Laden, in einer kleinen Gasse, in einer kleinen ruhigen idyllischen Stadt. Der kleine Laden ist voll gestopft bis oben hin mit Büchern. Es ist Nacht und das Mondlicht scheint in den Laden und wirft silbernes Licht auf die Auslage.
Auf einem rotem Samttuch lagen da mit Liebe dekoriert eine Handvoll Bücher. Es waren alte Bücher, die Rücken benutzt, die Seiten schon oft durchblättert. Das Schicksal hatte sie in diesen Laden gebracht und sie so vor dem Reizwolf oder dem Altern und Zerfall bewahrt.
Hintern den vollgestopften Regalreihen schimmerte ein schwaches Licht. Ganz hinten in dem Laden war auf einem Schreibtisch eine alte Lampe entzündet. An dem Tisch saß ein weißhaariger, gütiger Mann. Die meisten Menschen, die ihn sahen, hätten ihn sehr liebevoll als "alten Kauz" bezeichnet. Er saß an einem neuen Buch und summte eine fröhliche Melodie vor sich hin. Mit einem Strahlen stoppte er seine Arbeit: "So du bist fertig". Er klappte den Buchdeckel zu und bewunderte sein Werk von allen Seiten. "Wunderschön, so überlebst du nochmal 200 Jahre."
Der Mann schlurfte mit dem Buch zur Auslage und legte das neue Buch zwischen eine Originalausgabe von Gothes Faust und einer 2. Auflage des Grimmschen Wörterbuchs. "Na, wer bist du denn?" fragte die Häschenschule ganz vorne. Das neue Buch antwortete: "Man nennt mich allgemein Hex." "Hallo, willkommen in der kleinen Bücherstube, man nennt mich Hase und deine Nachbarn heißen. Dr. F und Wort II. Wo hat dich denn der alte Mann ausgegraben?" "Bei einer Haushaltsauflösung, ich lag da schon seit Jahren unter den Dielen."
Dr. F räusperte sich und Hex wannte sich ihm zu. "Ich bin Dr. F", plusterte sich Dr. F auf. Ein klein bisschen Staub rieselte aus seinen Seiten. "Erzähle von draußen, damit ich das nächste Mysterium studieren kann." "Famos", meldete sich Wort II., "eine grandiose Eingebung, dann ist es mir möglich neue Wörter zu inkludieren". "Ja, bitte erzähl was in dir steht und was du erlebt hast", bat auch Hase und alle anderen Bücher bejahten diesen Vorschlag. Hex begann zu erzählen.
Am nächsten Morgen betrat ein junger Mann enthusiastisch den Laden. Eine Glocke kündigte den Besucher an. "Herr Buchheimer, sie haben ja einen Neuankömmling." "Ja, gestern frisch reingekommen", erklang eine alte Stimme weiter hinten im Laden. Er kam langsam nach vorne und beide Männer standen stolz über der Auslage und bewunderten den Hexenhammer.

Freitag, 20. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - Die letzte Kornblume

Die letzte Kornblume

Es war einmal ein Getreidefeld. In mitten dieses Getreidefeldes zwischen den goldgelben Halmen stand eine blaue Blume. Diese blaue Blume wurden am Morgen von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Sie öffnete ihre Blütenblätter und schaute sich die Welt an.
Schon nach kurzer Zeit merkte sie, dass die gelben Halme um sie herum, sie komisch anguckten und flüsterten. "Was ist das denn? Sowas habe ich ja noch nie gesehen. Die ist ja garnicht sonnenfarben. Sie ist grün und blau. Die gehört nicht zu uns", und mit diesen Worten bogen sich die Halme weg von der blauen Blume.
"Aber wohin gehöre ich denn dann?", fragte die blaue Blume. "Frag das Unkraut, die haben auch grüne Halme wie du."
Also beugte sich die Blume hinunter und fragte das Unkraut: "Gehöre ich zu euch?" Entsetzt säuselte das feine Unkraut überheblich: "Natürlich nicht. Du bist viel zu grob und fest. Frag das Gras, das ist auch so fest wie du."
"Bin ich das, was ihr seit?", fragte die blaue Blume das Gras. Das Gras stand am Rand des Feldes und hatte schon viel gesehen. Es war die älteste Pflanze auf dem Feld. Weise und gütig meinte das Gras: "Nein, Gras bist du nicht mein liebes Kind, aber ich weiß, was du bist. Früher als ich noch jung war, gab es ganz viele von dir. Ihr wart mit dem roten Mohn zusammen die Könige des Feldes. Dann kam der Bauer mit dem Wasser, das eklig schmeckt und meine Blätter ganz welk und braun macht und seit dem habe ich keinen von euch mehr gesehen."
"Was bin ich denn jetzt?", fragte die blaue Blume ungeduldig.
"Du bist eine Kornblume. Sei nicht traurig, nächstes Jahr werden deine Kinder nicht mehr alleine sein. Denn aus dir werden ganz viele Blumen werden und vielleicht werdet ihr ja wieder die Könige des Feldes."
Der Kornblume gefiel es beim Gras, es war freundlich zu ihr und so blieb sie in seiner Nähe und unterhielt sich mit ihm, bis sie am Ende des Sommers für immer die Augen schloss und davon träumte Königin des Feldes zu sein.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Fantastisches aus dem "Aurora" - Prolog

Fantastisches aus dem Aurora

Prolog

"Darf ich mich setzen?"
"Aber gerne doch, junge Frau"
"Ich habe gehört sie erzählen gerne Geschichten?"
"Ja, da haben sie richtig gehört."
"Könnten sie mir ein paar Geschichten erzählen?"
"Gerne, aber meine Geschichten haben ihren Preis."
"Welchen?"
"Erstmal eine Kaffee mit Milch und Zucker und dann kommts aufs Thema an"
"Fünf kleine kurze Geschichten?"
"Geben sie mir fünf Themen und wenn sie ihnen gefallen reden wir anschließend über den Preis."
"Mmmh, über eine Kornblume, einen Geschichtenerzähler, ein altes Buch, ein kleines schlaues Mädchen und über einen Prinzen"
 "Geben sie mir einen Moment."